Museum Utopie und Alltag

En

Standort Eisenhüttenstadt

Erich - Weinert - Allee 3
15890 Eisenhüttenstadt

Eintrittspreise

pro Person: 4€
Ermäßigt: 2€*

Gruppen: 40€**
Führungen: 30 / 50€***
Schulprojekte: 15€ zzgl. 1€ p.P.

*Schüler:innen, Student:innen, Schwerbeschädigte, Senior:innen; Kinder unter 7 Jahren frei
**maximale Gruppengröße: 20 Personen
*** maximale Gruppengröße: 12 Personen; Di-Fr:30€ / Sa-So:50€

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag, Feiertage
11 – 17 Uhr
Schulklassen nach Vereinbarung

Fällt der Feiertag auf einen Montag, ist das Museum geöffnet. Heiligabend, Silvester, Neujahr bleibt das Museum geschlossen, auch montags.
Die Ausstellungen sind behindertengerecht zugängig. Ein Fahrstuhl und ein barrierefreies WC sind vorhanden.

Standort Beeskow

Spreeinsel
Zugang über Burg Beeskow
Frankfurter Straße 23
15848 Beeskow

Besuch

Das Beeskower Kunstarchiv kann im Rahmen von Führungen besucht werden. Neben Führungen im laufenden Veranstaltungsprogramm besteht das Angebot, diese gesondert zu buchen. Anmeldung unter: 03366 – 352727.

Eintrittspreise

pro Person: 9€
Ermäßigt: 7€*

Sonderführungen
Gruppenpauschale: 26€
zzgl. Preis p.P.**

*Schüler:innen, Student:innen, Schwerbeschädigte
**maximale Gruppengröße: 20 Personen

Social Media

Museum Utopie und Alltag

Telefon: 03364 – 417 355
Fax: 03364 – 418 947
museum@utopieundalltag.de

Post- und Rechnungsanschrift:
Landkreis Oder-Spree
Kunstarchiv / DOK
Breitscheidstr. 7
15848 Beeskow

Presse

Kontakt Presse:
Antje Wilke
E-Mail: antje.wilke@l-os.de
Telefon: 03366 – 352736

Pressemitteilungen

Newsletter2Go

Im Schatten der Erinnerung. Sowjetische Kriegsgefangene u. Kalter Krieg

 

Planungen für die Anbringung von Namen der Opfer am Platz des Gedenkens in Eisenhüttenstadt

 

Der Beitrag stellt den Arbeitsstand zur Namensverewigung an der Kriegsgräberstätte vor und berichtet aus kommunaler Sicht von den Herausforderungen der praktischen Arbeit vor Ort.

 

Mehr erfahren

Der Platz des Gedenkens in Eisenhüttenstadt ist die Ruhestätte von mehr als 4.000 anonym bestatteten sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Kriegsgefangenenlager STALAG III B in Fürstenberg (O.). Eine Besonderheit ist hierbei, dass die Begräbnisstätte beim Aufbau von Werk und Stadt vom ursprünglichen Ort des Geschehens an die heutige Stelle in die Mitte der entstehende Wohnstadt verlagert wurde. Die Funktion und Bedeutung des Platzes hat sich mit den Jahren verändert. Mit dem Bekanntwerden einer Totenliste mit 3.696 Namen aus dem Krankenrevier des STALAG III B im Jahre 2013 stellte sich für die Stadt Eisenhüttenstadt die gesetzliche Aufgabe der namentlichen Verewigung der Toten auf dem Platz des Gedenkens.

Schliessen

 

Vom Massensterben sowjetischer Kriegsgefangener im Stalag III B zum „Platz der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ in Eisenhüttenstadt

 

Der Vortrag befasst sich mit dem Massensterben sowjetischer Kriegsgefangener im Stalag III B (1941-45), den Bestattungsplätzen der Toten, ihrer Umbettung in die neue Wohnstadt (1951) und dem dort erbauten Ehrenmal.

Mehr erfahren

 

Das Mannschafts-Stammlager Stalag III B war im II. Weltkrieg eines von drei großen Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht im Raum Berlin-Brandenburg. Es befand sich am Rande der Kleinstadt Fürstenberg (Oder), etwa 2 km vom Zentrum des heutigen Eisenhüttenstadt entfernt. Nachdem bereits Gefangene aus Frankreich und weiteren Nationen im Lager interniert waren, trafen ab September 1941 sowjetische Kriegsgefangene ein, von denen einige unmittelbar darauf starben. Mit weiteren Transporten ab November 1941 schnellte die Sterberate nach oben, so dass bis Jahresende schon über 500 Tote in Sammelgräbern auf dem eigens angelegten „Russenfriedhof“ im Stadtwald begraben wurden. Bis Sommer 1942 begrub man dort über 1.200 Tote, danach wurde ein neuer Bestattungsplatz auf der gegenüberliegenden Seite des Oder-Spree-Kanals angelegt. Auf ihm sind bis zur Auflösung des Lagers Anfang Februar 1945 rund 2.800 Tote begraben worden. Ursache für das Massensterben war die unmenschliche Behandlung der Rotarmisten durch die Wehrmacht gemäß der „rassenpolitisch“ begründeten nationalsozialistischen Vernichtungsideologie. Insgesamt sind mehr als 4.000 sowjetische Gefangene infolge des Entzugs von Nahrung und medizinischer Hilfe sowie durch Gewaltakte der Wachmannschaften im Stalag III B umgekommen. Dem stehen etwa 80 Opfer aller anderen Nationalitäten, die im Lager zahlenmäßig deutlich überwogen, gegenüber. Diese starke Asymmetrie zeigt, wie drastisch sich das Schicksal der sowjetischen Gefangenen von demjenigen anderer Nationalitäten unterschied.

Die exakte Anzahl der sowjetischen Opfer im Stalag III B kennen wir nicht. Die seit Ende der 1940er Jahre verbreitete Zahl von 4.109 ist teils auf Basis von Schätzungen errechnet. Es liegen aber Dokumente vor, die die Größenordnung stützen, seit einigen Jahren als recht genaue Quelle auch das Totenbuch des sowjetischen Krankenreviers des Stalag III B.

Als 1950 das Eisenhüttenkombinat bei Fürstenberg (Oder) errichtet wurde, mussten die beiden inzwischen gärtnerisch gestalteten Kriegsgefangenenfriedhöfe weichen. Die Gebeine wurden im September in die entstehende Arbeiterstadt überführt. Hierzu wurde ein Ehrenmal mit einer unterirdischen Gruft und einer vorgelagerten monumentalen Platzfläche geschaffen. Am 7. November 1951, dem 34. Jahrestag der Sozialistischen Oktoberrevolution, wurde es in einem Festakt eingeweiht.

Der Platz vor dem Ehrenmal war auch in den kommenden Jahren der wichtigste Versammlungsort der Stadt. Am 7. Mai 1953 verkündete Walter Ulbricht hier feierlich den Namen der neuen Stadt: „Stalinstadt“. Der Platz selbst hieß ab November 1951 „Platz der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“. Er war Ort politischer Massenkundgebungen (zum 1. Mai, 8. Mai, 7. November usw.), von Kampfgruppen- und Jugendweihegelöbnisse oder Fahnenappellen. Brautläute legten am Fuße des Ehrenmals Blumen nieder. Ereignisse wie die Feier zum 10. Gründungsjubiläum der Stadt 1960 wurden mit Kranzniederlegungen am Ehrenmal verknüpft. Der Platz diente auch als lokaler Festplatz und alltäglicher Erholungsraum: „Hüttenfeste“ und Weihnachtsmärkte wurden hier veranstaltet, die Freifläche im Winter in eine Spritzeisbahn verwandelt. – Indessen kündet am Ehrenmal nichts vom Schicksal der dort Begrabenen. Die Aufschriften lassen hier Opfer aus den Kämpfen zu Kriegsende vermuten. An sowjetische Kriegsgefangene wurde in den zahlreichen Kundgebungen zur Zeit der DDR nicht erinnert. Sie waren nicht Teil der öffentlichen Gedenkkultur, was bis heute nachwirkt. Man erfährt am Ehrenmal weder Zahl noch Namen der Opfer, noch ist die Lage ihrer Grüfte gekennzeichnet. Dieses anonyme und verschlossene Arrangement sollte durch behutsame Eingriffe künftig geöffnet werden: für konkrete Erinnerung, historisch-kritische Information und die Ermöglichung individueller Trauer.

 

Zur Person:
Axel Drieschner, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Aufbaustudium Denkmalpflege an der TU Berlin; Kurator am Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR

 

Schliessen

 

Das ehemalige Stalag IIIB in der schulischen Projektarbeit

 

Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, der bundesweit größte Schülerwettbewerb in diesem Bereich, war 2018/19 Anlass für Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule 3 Eisenhüttenstadt zur Auseinandersetzung mit der Geschichte des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag III B in Fürstenberg (Oder). Unter dem Rahmenthema »So geht’s nicht weiter. Krise, Umbruch, Aufbruch« beschäftigten sie sich mit dem Schicksal von Kriegsgefangenen verschiedener Nationalitäten.

Mehr erfahren

 

Entgegen der historischen Bedeutung des Ereignisortes des ehemaligen Stalag III B erfuhren die Schülerinnen und Schüler jedoch erst in der Projektarbeit etwas über dessen Geschichte, die sie im Städtischen Museum Eisenhüttenstadt im Ortsteil Fürstenberg (Oder) vertiefen konnten. Einen weiteren Hinweis darauf suchten sie in der Stadt vergebens.

So machten sich die jungen Forscher*innen auf die Spurensuche nach Zeugnissen, die ihnen eine Vorstellung vom Alltag und Umgang mit den Kriegsgefangenen unterschiedlicher Nationalitäten im ehemaligen Stalag IIIB vermittelten. Daneben knüpften sie Kontakt mit dem inzwischen verstorbenen Günter Slosarek, der als Zeitzeuge über seine Erinnerungen an Begegnungen mit Kriegsgefangenen erzählte. Das Ziel der Projektgruppe bestand darin, die ehemaligen Kriegsgefangenen selbst zu Wort kommen zu lassen, um auf diese Art ein differenziertes und unmittelbares Bild von deren Alltag zu erhalten. Selbstzeugnisse waren zu diesem Zweck zu lesen, zu transkribieren und zu übersetzen. Die bereitwillige Unterstützung von Lehrkräften der Schule und von Einwohnern in Eisenhüttenstadt ließen das Vorhaben über den schulischen Kontext hinaus zu einem gemeinsamen und (begrenzt) öffentlichen Projekt werden.

Die Ergebnisse der Recherchen verarbeiteten die Schüler*innen schließlich in einem Film, der als Wettbewerbsbeitrag eingereicht und mit einem ersten Preis auf Landesebene prämiert wurde. Eine öffentliche Vorführung des Films im Rahmen des Gedenkens an den 8. Mai 1945 im Städtischen Museum in Eisenhüttenstadt/ OT Fürstenberg musste wegen der Pandemie leider abgesagt werden.

Geblieben ist die Idee, nachhaltig an die Geschichte des Stalag III B und die dort begangenen Verbrechen zu erinnern, und zwar direkt am Ort der Ereignisse. Das erscheint uns deshalb so wichtig, da das Interesse von Nachfahren ehemaliger Kriegsgefangener und historisch interessierter Menschen nach wie vor sehr groß ist. Außerdem liegt uns daran, sowohl den Eisenhüttenstädter Einwohnern und Einwohnerinnen als auch historisch Interessierten die Zeugniskraft des Ortes zu verdeutlichen und diese im historischen Gedächtnis der Stadt lebendig zu erhalten.

Um das zu realisieren, schlagen wir einen Dialog zwischen Schule, Stadt und Verantwortlichen der historisch-kulturellen Bildung vor Ort vor. Erste Überlegungen sind bereits in einem Konzept festgehalten, das als Diskussionsangebot der Stadt übergeben wurde. Grundsätzlich besteht das Ziel für uns als Schule darin, die Beschäftigung mit regionalhistorischen Aspekten, darunter insbesondere der Geschichte des Stalag III B, stärker in den Unterricht zu implementieren und in Projekten zu vertiefen, deren Ergebnisse schließlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.

 

Zu den Personen:

Antje Hoffmann:

Geboren 1970, Studium der Fächer Germanistik und Geschichte an der Universität Leipzig (1. und 2. Staatsexamen für das Lehramt Sek.I/II in beiden Fächern). Lehrerin und stellv. Schulleiterin an der Gesamtschule 3 Eisenhüttenstadt. Zuvor war sie über mehrere Jahre hinweg  als Fachberaterin für Geschichte im Bereich des Staatlichen Schulamtes Frankfurt (Oder), sowie in der fachlichen Beratung bei der Er- und Überarbeitung von Lehrwerken des Faches Geschichte tätig.

Schliessen

 

An Unrecht erinnern. Auf den Spuren sowjetischer Kriegsgefangener. Eine deutsch-russische Onlineausstellung

 

Zusammen mit der Menschenrechtsorganisation Memorial International Moskau hat die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz im Jahr 2018 ein interaktives, zweisprachiges Onlineausstellungs-Projekt gestartet. Auf www.unrecht-erinnern.info geht es um das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener im Zweiten Weltkrieg, um den Umgang mit den wenigen Überlebenden nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion und wie heute in Deutschland, der Ukraine, Belarus und Russland an diese NS-Opfer erinnert wird. Zielgruppe sind Jugendliche bzw. Schüler*innen aus diesen Ländern, die sich auch in Zukunft mit eigenen (Foto-) Beiträgen und Kommentaren zu historischen Orten und Denkmälern an der Ausstellung beteiligen können.

Mehr erfahren

 

Die Inhalte werden über Biografien, Orte und Themen vermittelt. Je nach Interesse können sich User*innen also örtlich (beispielsweise über eine Gedenkstätte in ihrer Nähe), persönlich (über eine Lebensgeschichte, derzeit stehen sechs Männer und zwei Frauen zur Auswahl) oder thematisch nähern (erste, grundsätzliche Informationen zu diesem NS-Verbrechen hält ein gezeichneter Erklärfilm bereit). Verlinkungen zwischen den einzelnen Texten ermöglichen ein entdeckendes Lernen – im eigenen Tempo und je nach Interesse.

Die Ausstellung kann im Geschichtsunterricht oder als Vorbereitung auf eine Gedenkstättenfahrt genutzt werden. Dafür wurden drei Unterrichtsvorschläge erarbeitet. Die Programmierung der Webseite erlaubt eine barrierefreie Nutzung auch mit dem Smartphone.

Mit der Präsentation am 11. September 2020 in Eisenhüttenstadt wird erstmals der Zugang zu den deutschsprachigen Inhalten für die Öffentlichkeit freigeschaltet. Die russische Übersetzung wird noch etwa zwei Monate in Anspruch nehmen. Bis zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion im kommenden Jahr sollen die Inhalte vor allem um weitere (historische) Orte in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ergänzt werden.

Die Gestaltung der Webseite und des Intro-Films stammt von dem Illustrator und Grafik-Designer Sylvain Mazas. Das Projekt wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft unterstützt.

Zur Person

Studium der deutsch-jüdischen Literaturgeschichte, Geschichte und Politischen Wissenschaften, Promotion über Shoah-Literatur, zwischen 2005 und 2015 Referentin bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und wiss. Mitarbeiterin des Zeitzeugenprojekts „Sprechen trotz allem“, freie Mitarbeit bei div. Projekten der Deutschen Kinemathek zum Thema „Filmexil“, seit 2015 wiss. Mitarbeiterin der Bildungsabteilung in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz, dort u.a. verantwortlich für die Veranstaltungsreihe „Shoah und Film“ sowie die Sonderausstellung „Bibliotheken im Nationalsozialismus“

Schliessen

 

Grabstätten sowjetischer Kriegsgefangener in Ostdeutschland als Orte der Bildung und Information

 

In den neuen Bundesländern entflammten nach der Wiedervereinigung an vielen Orten Diskussionen um die sowjetischen Grabstätten, die sich oftmals an markanten Plätzen im öffentlichen Raum, z. B. in Stadtzentren oder auf Marktplätzen, befanden. Aufgrund des besonderen Schutzes, den diese Gräber genießen, bedürfen Änderungen aufgrund bestehender bilateraler Kriegsgräberabkommen jedoch immer der Zustimmung beider Seiten.

Mehr erfahren

Einige Initiativen bemühten sich – letztendlich erfolglos – um eine endgültige Entfernung der Gräber mit dem Hinweis, dass es sich um sowjetische Machtsymbole handele. Der rote Stern, die rote Fahne, Hammer und Sichel sowie weitere typische Gestaltungselemente der Grabstätten wurden von diesen Initiativen ohne Berücksichtigung des historischen Entstehungskontextes abgelehnt. Demgegenüber wurden auch von russischer Seite Bemühungen akzeptiert, öffentliche Plätze in Ortskernen wieder nutzbar zu machen.

Zitiert nach: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. / Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst / Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. / Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas / Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) / Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Hrsg., Unbekannte Mahnmale in unsrer Nachbarschaft. Grabstätten sowjetischer Kriegsopfer in Deutschland, Berlin 2016, hier  S. 12.)

 

Zur Person:

Dr. Jörg Morré, geboren 1964, Studium der Geschichtswissenschaften, Russistik und Erziehungswissenschaften an der FU Berlin und der Universität Hamburg; anschließend Referendariat; Promotion in osteuropäischer Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum; 1996-2008 wiss. Mitarbeiter an den Gedenkstätten Sachsenhausen und Bautzen, seit 2009 Direktor des Deutsch-Russischen Museums Berlin-Karlshorst

Schliessen

 

(Post-)Sowjetische Gedenkkulturen zum Zweiten Weltkrieg und die Leerstelle sowjetische Kriegsgefangene

 

Die Erinnerungskultur in der UdSSR hatte verschiedene Phasen, die von unterschiedlichen Akteuren geprägt wurden. Diese Entwicklung hat sich auch in der Zeit seit dem Zerfall der Sowjetunion nicht geändert, und wir sehen aktuell wieder, wie historische Daten, Orte, Figuren und Symbole des Gedenkens umgedeutet und umkämpft werden. Ein Phänomen, das die russische Gedenkkultur dominiert, besonders in der Wahrnehmung im Ausland, sind die Militärparaden am 9. Mai, dem Tag des Sieges.

Mehr erfahren

Darüber hinaus werden neue Denkmäler errichtet, was nicht nur von staatlichen Institutionen initiiert wird, und sich nicht auf den postsowjetischen Raum beschränkt. Während sich die offizielle Gedenkkultur kontinuierlich auf ein Helden- und Siegerepos konzentriert, wird bei den Initiativen, die von unten organisiert werden, auch an andere Gruppen erinnert. Außer direkt nach Kriegsende und lokal an den Orten der Verbrechen werden die sowjetischen Kriegsgefangenen in der Gedenkkultur ihrer Heimaten kaum gewürdigt. Ihre Geschichte wird jetzt erst von den Familien recherchiert und erscheint in Publikationen entsprechender Initiativen.

Zur Person:

Cordula Gdaniec ist Geografin und Stadtanthropologin. Zum Thema Erinnerungskulturen in Russland hat sie am Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst und am Einstein Forum Potsdam gearbeitet – u.a. als Kuratorin der Ausstellung „Der 9. Mai. Formen des Gedenkens an das Kriegsende 1945.“ Darüber hinaus ist Sie Mitherausgeberin des Sammelbandes „Kriegsgedenken als Event. Der 9. Mai 2015 im postsozialistischen Europa“.

Schliessen

 

Sowjetische Kriegsgefangene in den deutschen Erinnerungskulturen

 

Das Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener im Gewahrsam der Wehrmacht, das für 3,3 Millionen Menschen mit der Ermordung durch Hunger oder Krankheit im Lager oder durch Erschießen im KZ endete, war im westlichen Nachkriegsdeutschland lange Zeit verdrängt. In der BRD interessierten sich Mitte der 1950er Jahre Politiker, Medien und Publikum ausschließlich für die deutschen Gefangenen, die von der Sowjetunion als Zwangsarbeiter zurückgehalten wurden. Die DDR feierte im Zeichen der deutsch-sowjetischen Freundschaft die siegreichen Helden der Roten Armee. Für die im Elend deutscher Lager zugrunde gegangenen Gefangenen war in der Erinnerungspolitik kein Raum, umso mehr als Stalin Kriegsgefangene prophylaktisch als potenzielle Kollaborateure, als Verräter diskriminiert hatte. Aufgabe künftiger Erinnerung ist es, dem Schicksal sowjetischer Gefangener als Opfer nationalsozialistischen Terrors den gebührenden Ort im kollektiven Gedächtnis einzuräumen.

Mehr erfahren

 

Zur Person:

Wolfgang Benz, Jg. 1941, Historiker, war bis 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Münchner Instituts für Zeitgeschichte und von 1990 bis 2011 Professor und Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin.

Schliessen

 

Das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in deutschem Gewahrsam 1941 – 1945

 

Kennzeichnend für das deutsche Kriegsgefangenenwesen war bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine ausgeprägte Differenzierung in der Behandlung der Kriegsgefangenen der verschiedenen Feindstaaten. Nicht das Völkerrecht, sondern rassische und politische Opportunitätskriterien entschieden letztendlich über die Stellung der verschiedenen nationalen Gruppen innerhalb der Gefangenenhierarchie und den damit verbundenen spezifischen Behandlungsrichtlinien, die das Oberkommando der Wehrmacht erlies.

Mehr erfahren

 

Die sowjetischen Kriegsgefangenen standen bis Kriegsende auf der untersten, die angloamerikanischen auf der obersten Ebene dieser Hierarchie. Während annähernd 60 Prozent der mehr als 3 Millionen in Kriegsgefangenschaft geratenen Rotarmisten diese nicht überlebten, lag die Mortalität bei den amerikanischen Gefangenen bei 1,2 und bei den britischen bei 3,5 Prozent. Die Soldaten der Roten Armee waren für Wehrmacht, SS und Polizei nach der Gefangennahme „Keine Kameraden“, wie es Christian Streit in seinem 1978 erschienen Standardwerk über die sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg formulierte. Die Folge war, dass mit Ausnahme der Juden keine andere Bevölkerungsgruppe in den besetzten Gebieten der Sowjetunion so stark von physischer Vernichtung in den ersten 12 Monaten des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion bedroht war, wie die sowjetischen Kriegsgefangenen. Ihr Massensterben war das größte Kriegsverbrechen, dessen sich die Wehrmacht im Verlauf des Zweiten Weltkrieges schuldig gemacht hat. Leider ist es auch das am längsten vergessene.

 

Zur Person:

Jens Nagel studierte Geschichte, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre an der Universität Hannover und der University of Bristol. In den Jahren 1999 bis 2001 war er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Sächsische Gedenkstätten am deutsch-russischen Erschließungsprojekt „Sowjetische Kriegsgefangene (Offiziere) im Deutschen Reich 1941-1945“ beteiligt.  Seit 2002 ist er bei der  Stiftung Sächsische Gedenkstätten als Leiter der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain tätig.

Schliessen

Ein Projekt im Rahmen des Themenjahres »Krieg und Frieden. 1945 und die Folgen in Brandenburg – Kulturland Brandenburg«

Kulturland Brandenburg 2020 wird gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des
Landes Brandenburg.

Mehr erfahren
Schliessen